
Lithium – ein essenzieller Mikronährstoff
Beitrag: Dr. Goran Stojmenovic
Lithium ist vielen vor allem als Medikament zur Behandlung bipolarer Störungen bekannt. Doch jenseits dieser pharmakologischen Anwendung gewinnt Lithium in der Mikronährstoffforschung zunehmend an Bedeutung – als möglicher essentieller Spurennährstoff mit neuroprotektiven, entzündungshemmenden und möglicherweise auch lebensverlängernden Effekten. Einer der profiliertesten Vertreter dieser Sichtweise ist der Arzt, Molekulargenetiker und Demenzforscher Dr. Michael Nehls, der in seinem Werk „Die Alzheimer-Lösung“ Lithium eine zentrale Rolle bei der Prävention neurodegenerativer Prozesse zuschreibt.
Neuroprotektion durch Lithium
In niedriger Dosierung zeigt Lithium bemerkenswerte Effekte auf das zentrale Nervensystem. Es regt die Bildung neuer Nervenzellen im Hippocampus an – einem Hirnareal, das für Gedächtnis und emotionale Regulation entscheidend ist. Lithium erhöht die Spiegel des „Brain-Derived Neurotrophic Factor“ (BDNF), eines neurotrophen Faktors, der das neuronale Wachstum, die Plastizität und die Stressresilienz unterstützt. Es hemmt zudem das Enzym Glycogen Synthase Kinase 3β (GSK-3β), das an der Pathogenese neurodegenerativer Erkrankungen wie Alzheimer beteiligt ist.
Eine große Kohortenstudie aus Dänemark (Kessing et al., JAMA Psychiatry, 2017) zeigte, dass langfristige Lithiumexposition mit einem signifikant niedrigeren Risiko für Demenz einhergeht. Ebenso berichten Tiermodelle und Zellkulturen über protektive Effekte auf Mitochondrien, die Reduktion von Amyloid-β-Ablagerungen sowie die Förderung der Autophagie – Prozesse, die zentral für die Alzheimer-Pathogenese sind.
Lithium und chronische Entzündung
Lithium wirkt zudem antiinflammatorisch. Es moduliert das Immunsystem, indem es proinflammatorische Zytokine wie TNF-α, IL-1β und IL-6 hemmt, während es gleichzeitig die Produktion antientzündlicher Botenstoffe wie IL-10 fördert. Studien wie die von Abdelmalik et al. (Neuropsychobiology, 2013) bestätigen, dass Lithium die Expression inflammatorischer Gene reduziert – auch in Mikrogliazellen, den Immunzellen des Gehirns. Dies ist insbesondere im Kontext des sogenannten „inflammaging“ bedeutsam – also der stillen, chronischen Entzündung, die mit dem Alter zunimmt und ein Risikofaktor für viele chronische Erkrankungen ist.
Lithium in den Blue Zones
Ein besonders spannender Aspekt ist der mögliche Zusammenhang zwischen Lithium im Trinkwasser und der Langlebigkeit in den sogenannten Blue Zones – Regionen, in denen die Menschen besonders alt und vergleichsweise gesund bleiben. In Orten wie Okinawa (Japan), Nicoya (Costa Rica) oder Ikaria (Griechenland) ist nicht nur die Ernährung, sondern oft auch die Mineralstoffzusammensetzung des Trinkwassers ungewöhnlich. Eine japanische Studie (Zarse et al., European Journal of Nutrition, 2011) untersuchte den Lithiumgehalt im Trinkwasser von 18 Gemeinden in der Präfektur Oita und stellte fest, dass ein höherer Lithiumgehalt mit einer signifikant geringeren Sterblichkeit korreliert war.
Auch in Texas wurde ein ähnlicher Effekt beobachtet: Die Suizidrate war in Regionen mit höheren Lithiumkonzentrationen im Trinkwasser signifikant niedriger (Kapusta et al., The British Journal of Psychiatry, 2011). Diese Daten legen nahe, dass natürliche Mikrodosen von Lithium im Wasser eine stillschützende Wirkung entfalten könnten – ganz ohne medikamentöse Hochdosen.
Mikrodosierung mit Lithiumorotat
Im Gegensatz zur psychiatrischen Hochdosistherapie, bei der Lithiumcarbonat in Mengen von 300 bis 1200 mg täglich verwendet wird, reicht bei der Mikronährstofftherapie eine tägliche Dosis von 3 bis 5 mg elementarem Lithium vollkommen aus. Diese wird am häufigsten in Form von Lithiumorotat supplementiert – einer organisch gebundenen Form, die gut bioverfügbar ist. Diese Dosierung zeigt laut Dr. Michael Nehls in Studien und Erfahrungsberichten neuroprotektive Effekte ohne toxisches Risiko.
Lithium in der Limonade 7Up – ein vergessenes Kapitel
Ein kurioses, aber aufschlussreiches Kapitel in der Geschichte des Lithiums ist die ursprüngliche Rezeptur der bekannten Limonade 7Up. Im Jahr 1929 wurde das Getränk unter dem Namen „Bib-Label Lithiated Lemon-Lime Soda“ eingeführt – mit einer Prise Lithiumcitrat als stimmungsaufhellendem Bestandteil. Bis 1950 war Lithium ein Bestandteil dieses Softdrinks, bevor es entfernt wurde, als die Substanz als Arzneimittel klassifiziert wurde. Dass eine damals frei verkäufliche Limonade zur Hebung der Laune Lithium enthielt, erscheint aus heutiger Sicht fast surreal – verdeutlicht aber, wie nahe sich Ernährung, Supplementierung und Pharmakologie manchmal kommen.
Fazit
Lithium ist mehr als ein Medikament – es ist möglicherweise ein unerkannter Mikronährstoff mit zentraler Bedeutung für die Gesundheit unseres Nervensystems, für entzündungshemmende Prozesse und möglicherweise sogar für unsere Lebenserwartung. Die Forschung, auch inspiriert durch Wissenschaftler wie Dr. Michael Nehls, legt nahe, dass eine regelmäßige, niedrig dosierte Zufuhr von Lithium das Potenzial hat, das Gehirn zu schützen, Alterungsprozesse zu verlangsamen und das emotionale Gleichgewicht zu fördern.
Es ist an der Zeit, Lithium in ein neues Licht zu rücken – nicht nur als Therapieoption für psychische Erkrankungen, sondern als Bestandteil einer modernen, präventiv orientierten Mikronährstoffmedizin.